Mut zur Farbe! Warum echtes Leben in Tierporträts nicht aus Grau, Beige und Angst besteht

 

Entdecke, wie du mit mutigen, lebendigen Farben realistische Tierporträts erschaffst, die leuchten und Emotionen wecken

Hand aufs Herz – wie viele deiner letzten Tierporträts waren in den Farben Braun, Grau, Beige oder Schwarz gehalten? Vermutlich mehr, als dir lieb ist. Natürlich: Viele Tiere sind nun mal erdig gefärbt. Aber wenn du dir deine Werke dann ansiehst und denkst: „Hm, irgendwie wirkt das Bild flach, obwohl alles anatomisch stimmt“, dann fehlt deinem Werk vermutlich nicht Technik, sondern Farbe.


Farbe ist das unsichtbare Feuer in einem Bild. Sie ist Emotion, Tiefe, Licht, Leben. Ohne sie bleibt selbst das handwerklich beste Porträt leblos – wie ein perfekt gestopftes Tier im Museum: detailreich, aber ohne Seele.

Viele Künstler trauen sich einfach nicht, Farbe mutig einzusetzen. Sie denken: „Ich will doch realistisch malen – und in der Natur ist das Fell nun mal braun!“ Ja, schon. Aber was wir wissen, und was wir sehen, sind zwei verschiedene Dinge. Der Unterschied zwischen einer neutralen, „richtigen“ Farbe und einer spannenden, lebendigen Darstellung liegt genau hier: im bewussten Wahrnehmen und mutigen Interpretieren.

Wenn du genau hinschaust, siehst du, dass selbst graues Fell niemals einfach nur grau ist. Es besteht aus kühlen und warmen Tönen, aus Reflexen, Schattierungen, winzigen Farbverschiebungen. Ein Wolf im Schnee zeigt Violett und Blau, ein Pferd im Abendlicht trägt Gold und Rosa im Fell, und ein schwarzer Hund im Gegenlicht kann beinahe metallisch schimmern. Das ist echter Realismus – nicht das Abmalen von Farbfotos, sondern das Wiedergeben von Licht und Leben.


Warum „realistisch“ nicht „farblos“ bedeutet

Einer der größten Irrtümer in der realistischen Tiermalerei ist die Vorstellung, dass Natürlichkeit mit gedeckten Farben gleichzusetzen sei. Dabei entsteht Realismus nicht durch das exakte Nachmischen eines Fototons, sondern durch die Wirkung von Licht, Schatten und Temperatur. Ein Tier wirkt realistisch, wenn das Licht auf ihm glaubwürdig erscheint – nicht, wenn du den exakten Braunton des Fells getroffen hast.

Wenn du also immer denkst: „Ich darf da jetzt kein Blau in den Schatten setzen, das ist doch unnatürlich!“, dann bremst du dich selbst aus. Denn unsere Augen sehen Farbe anders, als unser Kopf sie benennt. Wir sagen „das ist ein brauner Hund“, aber in Wahrheit sehen wir hunderte Farbnuancen. Und genau diese feinen Unterschiede machen dein Porträt lebendig.

Farbe bedeutet Mut – aber kein Chaos. Es geht nicht darum, Tiere in Regenbogenfarben zu tauchen, sondern die vorhandene Farbvielfalt sichtbar zu machen. Der Trick liegt darin, das Unsichtbare sichtbar zu machen – das, was unsere Augen unbewusst erfassen, aber unser Verstand ignoriert.

Wenn du anfängst, Farben als Ausdrucksmittel zu sehen statt als Abbild, öffnet sich eine neue Welt. Du wirst feststellen, dass du plötzlich sehen lernst. Dass du Farbtöne entdeckst, die du vorher übersehen hast. Und dass du begreifst, wie sehr Farbe das Gefühl eines Bildes bestimmt.


Farbe ist Emotion – und Tiere sind Emotion pur

Tiere sind keine stillen Gegenstände. Sie atmen, bewegen sich, spüren. Wenn du ein Tierporträt malst, willst du ja nicht nur Fell darstellen, sondern Wesen. Und dafür ist Farbe das mächtigste Werkzeug.

Ein Beispiel: Ein Tiger in kräftigem Orange wirkt kraftvoll, stolz, energisch. Dieselbe Pose, aber in gedämpftem Ocker gemalt, wirkt zahmer, müder, weniger lebendig. Farbe hat psychologische Wirkung.
Ein Wolf mit bläulich-silbrigen Tönen wirkt geheimnisvoll und distanziert. Eine Katze mit warmen, goldenen Akzenten wirkt weich, vertraut, gemütlich. Und wenn du einem Tier subtile, aber bewusste Farbtemperaturen gibst – etwa warme Lichter gegen kühle Schatten –, erzielst du automatisch Tiefe und Ausdruck.

Die beste Nachricht: Du kannst das alles steuern! Farbe ist kein Zufall, sondern eine bewusste Entscheidung. Wenn du also willst, dass dein Tier ein bestimmtes Gefühl vermittelt, dann male nicht nur, was du siehst, sondern was du fühlst.


Wie du Farbe mutig, aber stimmig einsetzt

Jetzt kommen wir zum praktischen Teil. Denn Mut zur Farbe bedeutet nicht, willkürlich bunte Stifte zu benutzen. Es geht darum, bewusst zu übertreiben, gezielt zu verstärken und kreativ zu interpretieren.

1. Beobachte das Licht

Licht ist der größte Farbgeber überhaupt. Es entscheidet, ob deine Töne warm oder kühl, klar oder diffus wirken. Ein Reh im Sonnenlicht hat goldene und rötliche Lichter, im Schatten werden sie violett und bläulich. Wenn du diese Temperaturunterschiede erkennst und überzeichnest, wirkt dein Bild sofort realistischer.

2. Nutze Komplementärfarben

Wenn du ein warmes Fell malst, setze kühle Schatten dagegen. Braun und Blau, Orange und Violett, Gelb und Lila – diese Gegensätze bringen Spannung. Du musst keine Komplementäre direkt verwenden, aber eine kleine Spur davon lässt das Hauptmotiv strahlen. Ein goldener Ton wirkt doppelt intensiv, wenn daneben ein Hauch von Blau liegt.

3. Denke in Farbtemperaturen statt in Farbnamen

Statt dich zu fragen, „ist das Fell braun oder grau?“, überlege lieber: „Ist der Ton warm oder kalt?“ Warm heißt näher, hell, lebendig. Kalt heißt weiter, still, schattig. Wenn du diese beiden Pole geschickt kombinierst, entsteht Tiefe. Und Tiefe ist das, was realistische Malerei so faszinierend macht.

4. Male nicht „nach“, sondern „für“ das Tier

Ein Foto zeigt nur einen Moment. Dein Bild darf mehr zeigen – das Wesen. Wenn du ein Tier mit viel Energie, Stolz oder Sanftheit darstellst, darf sich das in den Farben widerspiegeln. Ein selbstbewusster Löwe darf leuchten, ein schüchterner Hase darf sanft getönt sein. Realismus ist keine Kopie, sondern eine Interpretation der Wahrheit.

5. Setze Akzente

Mut zur Farbe bedeutet nicht, dass du alles knallig gestalten musst. Im Gegenteil: Die schönsten Effekte entstehen durch gezielte Farbkontraste. Ein bisschen Türkis im schwarzen Fell, ein Hauch Magenta im Schatten, ein warmer Lichtpunkt im Auge – solche Mini-Entscheidungen machen dein Porträt aufregend, ohne dass es überladen wirkt.


Eine kleine Geschichte über Farbmut

Ich erinnere mich noch genau an mein erstes „buntes“ Tierbild. Es war ein Ara-Papagei – das perfekte Versuchstier für Farbe. Ich dachte: „Na, wenn der nicht bunt sein darf, wer dann?“ Also griff ich beherzt zu den kräftigsten Pastellen, die ich hatte. Das Ergebnis? Eine Explosion. Jede Feder leuchtete in maximaler Sättigung – und das Bild war schlicht zu laut.

Aber dieses „zu viel“ war die wichtigste Lektion überhaupt. Ich lernte, dass Farbmut nicht bedeutet, alles bunt zu machen, sondern Farbe bewusst einzusetzen. Heute male ich meine Tiere nicht mehr „realistisch“, sondern „lebendig realistisch“. Ich verwende Farbe, um Ausdruck zu schaffen, nicht um Fläche zu füllen. Und genau das ist der Unterschied zwischen einem guten und einem fesselnden Porträt.

Wenn ich heute ein Pferd male, sehe ich plötzlich das Violett in den Schatten, das Grün im Glanz und das Rotbraun in der Mähne. All das war schon immer da – ich musste nur lernen, hinzusehen.


Training für den Farbmut: Farbe sehen lernen

Wenn du mehr Farbe wagen willst, fang nicht gleich mit einem neuen Werk an. Trainiere zuerst dein Auge. Schau dir dein Referenzfoto an und frag dich: „Welche Farbe steckt wirklich im Schatten?“ Oft wirst du überrascht sein, wie viel Blau oder Lila du entdeckst, wenn du genau hinsiehst.

Ein super Trick: Nimm Farbkarten oder Papierstücke in unterschiedlichen Tönen (Türkis, Lila, Gelb, Grau) und halte sie an dein Referenzfoto. Du wirst sehen, wie sich dein Eindruck vom Fell verändert. So lernst du, Farbe als relativ zu sehen – nie absolut.

Je besser du das Zusammenspiel der Töne verstehst, desto freier wirst du in deiner Malerei. Und irgendwann wirst du merken, dass du gar nicht mehr denkst: „Darf ich das?“, sondern automatisch fühlst: „Das passt!“.


Fazit: Mut zur Farbe ist Mut zum Leben

Farbe ist kein Dekor – sie ist Emotion, Licht und Energie. Wenn du realistische Tiermalerei liebst, dann willst du das Leben darstellen, nicht nur die Oberfläche. Und Leben ist bunt! Mut zur Farbe heißt nicht, die Realität zu verlassen, sondern sie endlich richtig zu zeigen.

Also, lass das Grau-Braun ein bisschen los. Greif mal zu einem kräftigeren Ton, setz Akzente, spiel mit Gegensätzen. Wage es, zu übertreiben – nur ein kleines bisschen. Denn jedes Tier, das du malst, hat mehr Farbe in sich, als du denkst.

Und glaub mir: Wenn du dich einmal traust, wird deine Kunst leuchten – so wie die Tiere selbst.


 

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ÜBER DEN AUTOR

Autor

Andreas Stolz

Leidenschaftlicher Naturliebhaber und begeisterter Natur- und Tiermaler mit Pastellkreide

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