Stell dir vor, du sitzt voller Motivation vor deinem Blatt, die Pastellkreiden liegen bereit und dein Lieblingshund oder deine Katze schaut dich von einem Foto an. Du denkst: „Easy, Fell ist braun, Nase ein bisschen rosa, das krieg ich hin!“
Und dann… zack, sieht das Endergebnis aus wie eine Comicfigur. Das Fell wirkt platt, die Haut künstlich und die Muster erinnern eher an Karneval als an Natur.
Genau hier kommt die Kunst des Farben mischens für Tiere ins Spiel. Fell, Haut und Muster sind kleine Universen aus Nuancen, Untertönen und Schichten. Malst du sie einfach mit einer Farbe „von der Stange“, bleibt das Ergebnis leblos. Mischst du dagegen mutig und bewusst, entsteht Tiefe, Lebendigkeit – und dein Tier guckt dich fast schon aus dem Bild an.
Schau dir mal ein Tier im echten Leben oder auf einem guten Foto an. Nichts daran ist einfarbig. Ein schwarzer Hund? Schau genauer hin: plötzlich siehst du Blau- und Lilatöne im Schatten, vielleicht sogar ein warmes Braun, wo das Licht das Fell trifft. Eine weiße Katze? Da steckt Grau, Gelb und manchmal ein Hauch Rosa in den Reflexionen.
Das Geheimnis liegt also darin, nicht nur die „offensichtliche“ Farbe zu sehen, sondern die versteckten. Genau diese Untertöne bringst du durch Farbmischungen ins Bild.
Wenn du das einmal verstanden hast, wirkt jedes Fell realistischer, jede Haut bekommt Tiefe und Muster sehen aus, als gehörten sie wirklich zu einem Lebewesen – nicht zu einem Spielzeug.
Mein erstes Hunde-Porträt war eine Katastrophe. Ich dachte: Fell = braun. Also habe ich den Hund einfach komplett braun gemalt. Das Ergebnis? Ein Vierbeiner im Look von Vollmilchschokolade.
Der Durchbruch kam, als ich mich getraut habe, ins Braun Ocker für Licht, Blau für Schatten und sogar ein kleines bisschen Violett zu mischen. Plötzlich wirkte das Fell dreidimensional, weich und echt.
Kein Fell ist rein. Ein goldenes Retriever-Fell hat zum Beispiel nicht nur Gelb, sondern auch warme Orangetöne, helle Cremenuancen und sogar kleine graue Schatten. Graues Fell ist nie einfach grau – es entsteht aus Blau mit Braun, manchmal auch Ocker mit Violett.
Sobald du die Untertöne wahrnimmst und sie einmischst, sieht das Fell sofort realistischer aus.
Viele Anfänger machen den Fehler, Fell mit Schwarz abzudunkeln. Das Problem: Schwarz schluckt alle Nuancen, die Farbe wirkt tot. Wenn du Tiefe willst, misch lieber Dunkelblau, Dunkelbraun oder Violett dazu. So bleibt das Fell lebendig, auch in den Schatten.
Nehmen wir mal die Hundeschnauze. Viele malen die Nase knallrosa – das wirkt sofort künstlich. In Wahrheit mischt sich da Rot mit Weiß, ein Hauch Ocker, manchmal sogar ein bisschen Lila. Das gibt den leicht transparenten Effekt, den echte Haut hat.
Oder Elefanten: „Grau, fertig!“ denkst du vielleicht. Aber Elefantenhaut ist viel spannender. Sie lebt von Rissen, Staub, Schatten. Reines Grau wirkt flach, während eine Mischung aus Umbra, Blau und einem winzigen Schuss Grün die Haut plötzlich echt erscheinen lässt.
Haut ist oft dünn – zum Beispiel in den Ohren oder an der Nase. Hier scheint Blut durch, weshalb du sanfte Rottöne oder Blauschimmer andeuten kannst. Genau diese kleinen Details machen den Unterschied zwischen „okay“ und „wow“.
Ein typischer Anfängerfehler: Tigerstreifen einfach mit Schwarz aufmalen. Das sieht sofort nach Karnevalsmaske aus. In Wirklichkeit sind die Streifen vielschichtig. Baue sie mit dunklem Braun oder Violett auf und setze Schwarz nur punktuell für die tiefsten Schatten. So wirkt das Fell weich und natürlich.
Weißes Fell ist eine echte Herausforderung. Wenn du nur reine weiße Kreide nimmst, wirkt es steril und künstlich. In Wahrheit reflektiert weißes Fell die Umgebung. Im Schatten siehst du oft graue, bläuliche oder sogar gelbliche Nuancen. Ein Hauch dieser Farben ins Weiß gemischt – und deine Kuh sieht plötzlich lebendig aus.
Punkte sind tricky. Wenn du sie alle gleich groß und gleich dunkel malst, wirkt es wie ein Malbuch. Variiere die Stärke, mach manche Punkte heller, manche dunkler, und setze sie unregelmäßig. Muster in der Natur sind nie perfekt – genau das macht sie realistisch.
Wenn ich meine alten Bilder anschaue, könnte ich mir manchmal die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Damit du nicht dieselben Fehler machst, hier die Klassiker:
Zu viel Schwarz und Weiß: Beide Farben nehmen Lebendigkeit. Nutze Komplementärfarben zum Aufhellen und Abdunkeln.
Alles in einer Schicht: Fell und Haut brauchen Schichten, so wie eine Lasagne. Nur dann entsteht Tiefe.
Nicht genau hinschauen: Wer nur „braun“ oder „grau“ sieht, übersieht die spannenden Farbnuancen, die Tiere lebendig machen.
Am besten übst du, indem du dir eine kleine Farbkarte anlegst. Misch verschiedene Töne, probier aus, wie sich Braun mit Blau verändert, wie Ocker mit Violett wirkt. Notiere dir die Ergebnisse – so baust du dir deine eigene Bibliothek für Fellfarben, Haut und Muster.
Arbeite mit Fotos: Nimm dir ein Tierbild und frag dich: „Was sehe ich wirklich? Ist das Fell einfach grau? Oder sehe ich Blauschimmer? Ist die Haut rosa? Oder steckt da Ocker drin?“
Je genauer du hinsiehst, desto leichter fällt es dir, die passenden Mischungen zu finden.
Und dann: mutig sein. Farben mischen heißt experimentieren. Schichte Pastellkreiden übereinander, reibe sie leicht ineinander, probier aus. Manchmal überrascht dich das Ergebnis – im positiven Sinne.
Farben mischen ist am Anfang vielleicht ungewohnt. Aber je öfter du es machst, desto mehr Spaß bekommst du daran. Es ist wie beim Kochen: Erst wirkt es kompliziert, dann schmeckst du ab, gibst ein bisschen von dem dazu, probierst wieder – und plötzlich passt alles perfekt.
Mit der Zeit wirst du merken: Dein Fell sieht weich aus, die Haut wirkt transparent, Muster scheinen echt. Und das Beste: Deine Tiere schauen dich vom Bild aus an, als wollten sie gleich aus dem Rahmen springen.
Also, Schluss mit dem Playmobil-Look. Misch drauflos, probier aus und hab Spaß dabei. Dein nächstes Tierporträt wird es dir danken – und deine Betrachter sowieso.
ÜBER DEN AUTOR

Andreas Stolz
Leidenschaftlicher Naturliebhaber und begeisterter Natur- und Tiermaler mit Pastellkreide
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